Making Of

Die Fledermaus

Um ehrlich zu sein, weiß ich wenig darüber, wie Kreativität funktioniert.
Manchmal entsteht ein Bühnenbild aus vielen Zeichnungen heraus, manchmal nur aus einer einzelnen Skizze.

Die erste Information, welche ich zu der „Fledermaus“ erhielt, war eigentlich nur eine Assoziation durch den Regisseur,
Gernot Kranner: „Eisenstein im Ehekäfig“.
Eines Morgens nach dem Aufwachen skizzierte ich schnell mit Kugelschreiber ein Bühnenthema für alle drei Akte. Später am Tag führte ich die Idee noch etwas weiter aus. Letztendlich hat sich von dieser ersten Skizze bis zum fertigen Bühnenbild kaum etwas verändert.
Woher die Idee kam? Sie kam buchstäblich im Schlaf.

1.
Wenn die erste Idee steht, geht es an den Modellbau. Alle Möglichkeiten sind offen: Größe, Form, Gestaltung, Farbgebung, Positionen – alles wird ausprobiert. Der Modellbau ist eine große Spielwiese, auf der alles erlaubt ist. Die konkrete Anordnung der Bühnenelemente und ihre Bespielbarkeit probierte ich gemeinsam mit dem Regisseur aus.
Wenn die Einfälle sprudeln, kommen auch ungewöhnliche Gegenstände zum Einsatz, bevor eine Idee wieder weg ist.

2.
Von der Spielwiese geht es nun ins Arbeitszimmer. Alles, was bislang im Modell ausprobiert wurde, muss jetzt in genaue Zahlen umgesetzt werden.
Spätestens ab diesem Moment arbeitetet der Bühnenbildner mit Bühnentechnik und Werkstätten Hand in Hand, denn was im Modell gut aussah, kann sich unter Umständen in der konkreten Umsetzung als zu teuer, zu zeitaufwändig oder als zu schwierig erweisen. Bühnenmeister, Werkstattleiter, Technischer Direktor, Tischler, Schlosser, Dekorateure, Theaterplastiker und Veranstaltungstechnik sinnen nun gemeinsam nach den besten aller möglichen Lösungen.

3.
Alles, was es bislang nur in meinen Gedanken, im Modell und auf Papier gab, nimmt nun Gestalt an.
Für mich ist dies der magischste Moment im Arbeitsleben.
Die Wahrheit ist: Nichts von dem, was die Zuschauer später auf der Bühne sehen, ist meine Arbeit, auch wenn mein Name als Bühnenbildner im Programheft steht. Es ist die Arbeit der Theaterwerkstätten, der Bühnen- und Lichttechnik. Ich bin den Kollegen sehr dankbar dafür.

4.
Man stelle sich vor: das Bühnenbild wurde gebaut, zur technischen Einrichtung auf der Bühne zusammengesetzt – und alles bliebe im Neonlicht der Arbeitsscheinwerfer stehen.
Zur Bühnengestaltung gehört auch das Licht. Es dauert Tage, bis die Stimmung jeder Szene, jeder Musiknummer getroffen ist. Die Lichteinrichtung der „Fledermaus“ benötigte mehr als dreißig Arbeitsstunden.
Ein Lichtstatist steht, sitzt oder liegt dabei stets auf der Position, an der sich später Sänger, Chor oder Ballett im Bühnenbild befinden.

5.
Die Spannung in der Öffentlichkeit steigt kurz vor der Premiere. Was erwartet die Premierengäste und alle nachfolgenden Zuschauer? Am Premierentag macht die Zeitung neugierig.
Kurz zuvor hatte es bereits eine Berichterstattung über den Filmdreh mit mehr als einhundert Nordhäuser Statisten gegeben. Dieser Film wird während der Pause eingespielt und mit live-Aufnahmen unterlegt.

6.
Von der ersten Skizze bis zur Premiere sind sieben Monate vergangen. Eine lange, intensive Zeit.
Jedes Bühnenbild ist neu, jedes einzigartig, mit eigenen Herausforderungen. Der Premierentag ist gleichzeitig Blick zurück – und Blick nach vorn. Die nächsten Ideen für weitere Bühnenbilder wollen geboren werden. Vielleicht im Schlaf.

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r-winter@outlook.com

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