Liebe Frau Jelena…
Es gibt Theaterstücke, die lassen einem mit einem wohlig warmen Gefühl zurück und man kann beschwingten Fußes den Heimweg antreten. „Liebe Jelena Sergejewna“, das am Sonntag Premiere feierte im Theater unterm Dach, ist kein solches Stück…
Tatsächlich ist das Stück, das Erstlingswerk der russischen Schriftstellerin Ludmilla Rasumowskaja aus dem Jahr 1980, keines das man sich auf leeren Magen zu Gute führen sollte. Die Spannung zwischen den Charakteren, ihre Motivation, ihre Ambivalenz und der sich aufbauende Konflikt werden von den Nachwuchsschauspielern exzellent vermittelt. Was das Junge Theater da zeigt, ist ein Kampf zwischen Idealismus und Opportunismus. Zwischen dem reinen Egoismus, der dem Erfolg alles opfert und die eigene Zukunft aufs Spiel setzt und dem Skrupel es vielleicht doch zu weit zu treiben.
Man wird am Ende nicht beschwingten Fußes nach Hause gehen, wohl aber in dem Wissen ein gutes und sehenswertes Theaterstück erlebt zu haben.
nnz-online, 21.4.2015
Ein perfider Plan
Jugendliche Mimen gaben brisantes Stück
Regisseur Ronald Winter fügt mit „Liebe Jelena Sergejewna“ seinen bemerkenswerten Inszenierungen der letzten Jahre die wohl reifste Leitung hinzu. Mit Empathie und sicherem Gespür für die Gefühlswelt junger Leute führt er das kleine Ensemble zu Höchstleistungen. Winter lässt seine Darsteller die Perfidie ihres Vorhabens, den unbedingten Erfüllungszwang aus Imagegründen (Valentin), den Wankelmut des zukünftigen Trinkers (Viktor) und die Gewissenbisse Janas sehr präzise herausarbeiten. Wie Valentin (Moritz Mülich), der Macher, der Manipulator, seine latente Machtgier hinter der Maske des freundlich-biederen Schülers versteckt, ist sehenswert. Am Ende hat er den Schlüssel, den er gar nicht braucht.
Das Stück lässt eine gebrochene Jana zurück. Das Licht erlischt und was bleibt, ist Stille. Die dauert, bis zaghaft Applaus aufkommt. Alles ist gesagt, gespielt. Seinen Schock nimmt jeder für sich mit hinaus in den Sommerabend.
Evelyn Lange für die Mitteldeutsche Zeitung
Eingeladen zum 22. Treff „Junges Theater in Thüringen“
Der Zuschauer schaut wie durch ein Vergrößerungsglas auf die Szenerie, auf der die Jugendlichen kaltschnäuzig und verroht andere und damit ein Stück von sich selbst zerstören.
„Mach’s gut“, verabschiedet sich Sebastian am Ende von seiner Freundin Jana. Wir ahnen es: Nichts wird mehr gut. Und wir bleiben zurück mit einem Gefühl der Ohnmacht und vielen Fragen.
Wir bedanken und beim Theaterjugendclub des Theaters Nordhausen dafür, dass er uns eindringlich und schonungslos mit diesen Fragen konfrontiert.
Auszug aus der Jury-Begründung
Sonderpreis für „den emotionalen Spannungsbogen, der den Nerv des Publikums traf“.
Wie junges Theater in Thüringen aussieht – ein Festivalbericht
(…) Hier führte zum Auftakt der Jugendclub des Theaters Nordhausens ein nicht ganz frisches, aber sehr gut gebautes Stück auf; für den ehrenamtlichen Spielleiter und hauptamtlichen Ausstatter Ronald Winter musste eine ebensolche Bühne her: das naturalistisch anmutendende Wohnzimmer nebst Küchenzeile, in dem die „Liebe Jelena Sergejewna“ unverhofften und unheilvollen Geburtstagsbesuch erhält.
Ein mutiger, wenn auch kein kühner Abend. Sie spielen in konservativem Stadttheatergewand, wie es jugendlichen Sehgewohnheiten kaum noch entspricht, und verfehlen ihre Wirkung gleichwohl nicht. Einige Zuschauer auf dem Festival fanden’s gar „zu krass“, andere brachen in Tränen aus.
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